Eine wesentliche Ähnlichkeit zwischen den beiden Spielen Poker und Schach liegt in ihrer Klassifizierung. Genau wie Bridge und Backgammon kann sowohl Poker als auch Schach offiziell als "Sport" eingestuft - genauer gesagt als "Denksport". Tatsächlich wurde Poker von der International Mind Sport Association (IMSA) auf einem Kongress in Dubai 2010 als solcher anerkannt. In Deutschland gilt Poker aufgrund der Glücksspielkomponente zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht als Sport.

Dennoch ist die Aufnahme als Beobachtungsmitglied in die IMSA für die Glaubwürdigkeit des Pokersports von großem Vorteil, da sie alle professionellen Pokerspieler technisch gesehen zu professionellen Sportlern macht.

Inhaltsverzeichnis

Soziale Wahrnehmungen: Poker vs. Schach

Trotz ihrer ähnlichen Klassifizierung werden Poker und Schach in der Gesellschaft sehr unterschiedlich wahrgenommen. Das finanzielle Risiko, das mit dem Pokerspiel verbunden ist, macht es per Definition zu einer Form des Glücksspiels. Die damit verbundenen negativen Assoziationen können dazu führen, dass Poker für viele Leute nicht infrage kommt. Demgegenüber steht eine stetig wachsende Community, die Poker als Hobby oder Zeitvertreib spielen, der ohne negative Reaktionen oder Vorwürfe genossen werden kann.

Schach hingegen ist für viele DER Denksport überhaupt. Schachgroßmeister gelten als Intellektuelle und sind weltweit sehr geachtet. Diese Zweischneidigkeit scheint durchaus unfair zu sein, wenn man bedenkt, dass bei beiden Spielen viele identische Fähigkeiten für den Erfolg von Nöten sind. 

Ich würde sogar behaupten, dass der emotionale Stress und die unendliche Anzahl von Szenarien, die primär in No-Limit-Varianten zu finden sind, dazu führen, dass Poker ein breiteres Spektrum an Fähigkeiten erfordert und daher ein mindestens ebenso schwieriges Spiel ist, das es zu meistern gilt.

Schachgroßmeister werden in der Regel als "Genies" angesehen, doch ist dies weiterhin der Fall, wenn man die besten Spieler in beiden Varianten vergleicht? Ich würde an dieser Stelle sogar behaupten, dass die emotionalen Strapazen beim Poker einen fairen Vergleich der beiden Spiele ohnehin erschweren. Aber es ist sicher nicht richtig, Pokerspieler als minderwertig abzutun oder zu behaupten, dass die Intelligenz der besten Spieler in beiden Spielen nicht miteinander zu vergleichen ist.

Viele hochintelligente Menschen geben sehr angesehene und gut bezahlte Jobs auf, um in die Pokerwelt zu wechseln. Wenn Sie mit den besten Pokerspielern sprechen, wird das hohe Maß an sozialer, geistiger und emotionaler Intelligenz dieser Personen deutlich.

Poker hat den „cooleren“ Ruf

Trotz Magnus Carlsens Aushängeschild-Status assoziieren die meisten Menschen Schach immer noch mit Strickjacken und Autismus, mit selbst gemachten Sandwiches und Jungfräulichkeit, mit Wunderkindern und Nerds. Ich persönlich habe nicht genug Erfahrung in der Schachwelt, um das mit Sicherheit sagen zu können, aber ich glaube, dass die meisten Leute, die sich der Intellektualität von Poker bewusst sind, es als eine coolere Form des Schachs sehen.

Poker ist für Schach das, was Rock and Roll für Gospel ist. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass, wenn Schach Ratschläge für das erste Date oder Tipps zum Motorradfahren bräuchte, Poker der coolere ältere Bruder wäre, an den es sich wenden würde.

Eine Gruppe Männer, die an einem Tisch Poker spielen

Der Kampf zwischen Geschicklichkeit und Glück

Genau wie bei den herausragendsten Schachspielern geht es bei den besten Pokerprofis darum, eine solide Strategie zu verfolgen und gleichzeitig Wege zu finden, die Strategien ihrer Gegner auszunutzen. Schere, Stein, Papier ist ein klassisches Beispiel dafür. Wenn Ihr Gegner zu oft Papier nimmt, kontern Sie, indem Sie häufiger Schere nehmen.

Anders als beim Poker ist das Können beim Schach absolut entscheidend. Glück spielt hier keine Rolle, es sei denn, Sie haben das Glück, dass Ihr Gegner hier und da ein paar bedeutende Fehler macht. Beim Poker kann der schlechteste Spieler der Welt gegen den besten antreten und als Sieger hervorgehen. Im Schach ist das mit fairen Mitteln einfach nicht möglich!

Das Glück ist die größte Stärke und zugleich die größte Schwäche des Pokerspiels. Ja, für manche kann der Einfluss des Glücks den Namen des Pokerspiels mit der Konnotation des Glücksspiels trüben und den Ruf negativ beeinflussen. Aber genau diese Glückskomponente bringt auch den Spaß mit sich, der die Spieler fesselt und es dem Ottonormalverbraucher ermöglicht, eine Chance gegen die Besten der Welt zu haben. Das ist schön - und nirgendwo sonst in der Sportwelt gibt es so etwas.

Langfristig gesehen sind beide Spiele ein hervorragender Test für das eigene Denkvermögen und die Geschicklichkeit, aber kurzfristig gesehen macht Poker einfach mehr Spaß als Schach. Es sei denn, Sie können mit den Swings beim Poker nicht umgehen, dann sollten Sie Schach spielen!

Eine Vergleichs-Übersicht der beiden Spiele

 

Jeder kann gewinnen

Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen Poker und Schach ist, dass jeder gewinnen kann – zumindest auf kurze Sicht. Während das Fähigkeitsniveau bei jeder Art von größerer Stichprobe überwiegt, kann jeder in einer wichtigen Hand Glück haben, den gefürchteten "Hit and Run" schaffen und das Spiel technisch gesehen gewinnen. Das gilt nicht für Schach, wo man bis zum Ende spielen muss, denn wenn man aufsteht und geht, hat man das Spiel verloren.

Ich behaupte, dass dies einer der Hauptgründe dafür ist, dass Poker beliebter ist als Schach. Sicherlich gewinnen die besten Spieler in beiden Varianten häufiger, aber Cash-Games bietet den Spielern die Möglichkeit, schnell in den Limits nach oben zu klettern, während MTTs es Amateuren ermöglichen, mit der Chance zu flirten, ein riesiges Preisgeld mit nach Hause zu nehmen.

Eine solche Situation würde bei einer Schachpartie, bei der es auf das Können ankommt, niemals eintreten.

Den Übergang schaffen – vom Schachbrett an den Pokertisch

Im Allgemeinen bedeutet die Übertragbarkeit der Fähigkeiten auf das jeweilig andere Spiel, dass starke Schachspieler wahrscheinlich auch an den Pokertischen großen Erfolg haben werden. Der umgekehrte Weg (ein Übergang vom Poker zum Schach) ist jedoch nicht unbedingt so lohnend.

Grinder, die an der Aufrechterhaltung einer starren oder GTO-artigen Pokerstrategie arbeiten, würden sich zum Beispiel schwertun, Schach auf dieselbe Weise anzugehen. Beim Schach geht es vielmehr darum, seine Gegner auszumanövrieren, zu überlisten und auszunutzen, als eine solide Grundstrategie zu haben.

Wie Claude E. Shannon in The Philosophical Magazine, Ser.7, Vol. 41, No. 314 erklärt (das Buch können Sie mit einer schnellen Google-Suche ganz einfach finden), existiert eine GTO-Strategie in der Theorie auch für Schach. Da jedoch noch niemand eine wirkliche Ahnung davon hat, worum es sich dabei handelt, wären die hoch entwickelten, strategischen Fähigkeiten von Spitzenschachspielern in einem Pokerspiel weitaus nützlicher als die Fähigkeiten von Pokerprofis am Schachbrett. Martin Staszko ist das perfekte Beispiel für einen Schachspieler, der beim Poker sehr erfolgreich war und beim WSOP Main Event 2011 den zweiten Platz belegte.

Diese Art des Übergangs von strategischen Fähigkeiten ist nicht nur auf das Schachspiel beschränkt. Spieler wie Ike Haxton und Bertrand Grospellier begannen ihre Karrieren mit Magic The Gathering, einem strategischen Sammelkartenspiel.

Wo auch immer Sie anfangen und welches Spiel Sie auch immer bevorzugen, denken Sie daran, dass sowohl Poker als auch Schach auf lange Sicht Fleiß, Hingabe und Können belohnen:

Arbeiten Sie hart, verbringen Sie Stunden abseits der Tische, um an Ihrem Spiel zu arbeiten und ich verspreche Ihnen, es wird sich lohnen!

Dan O’Callaghan ist ein professioneller Pokerspieler, der seine Anfänge in der Online Pokerwelt als Danshreddies hatte. Er hat über 290.000 US-Dollar an Online Einnahmen gesammelt.